Dr Adam Kay

Weißt Du, was ein Orgasmus ist? Gar nicht so eine dumme Frage, wie es sich zunächst anhört – nur wenige wissen eigentlich darüber Bescheid, was tatsächlich in ihrem Körper beim Höhepunkt passiert. Und genau genommen haben wir Ärzte auch erst vor Kurzem die zu Grunde liegende Wissenschaft verstanden.

Interessanterweise finden 99 % des Orgasmus im Gehirn statt – es ist das sexuelle Hauptorgan des Körpers. Und dies bedeutet, dass es absolut möglich ist, einen Orgasmus ohne körperliche Stimulation zu haben.

Während der sexuellen Erregung fährt das limbische System (zuständig für Gefühle und Emotionen) hoch und Teile des frontalen Cortex (zuständig für langweilige rationale Gedanken) fahren etwas herunter. Falls Du dich gefragt hast, warum sich Dein Orgasmus verzögert, wenn Du plötzlich daran denkst, dass Mülltag ist, liegt es daran, dass Dein frontaler Cortex nicht zu aktiv sein darf, wenn Du kommen möchtest. Und wenn Du dich fragst, wie man herausgefunden hat, welche Teile des Gehirns beim Orgasmus aktiv sind, ja – man hat einige Frauen in einem Kernspintomografen zum Höhepunkt gebracht. Wer sagt, dass medizinische Forschung langweilig ist?

Ein anderer Teil des Gehirns, der aktiv wird, wenn Du kurz vor dem Orgasmus bist, ist der Inselcortex. Dies ist der Teil des Gehirns, der das Schmerzempfinden unterdrückt, wodurch sich unsere Schmerzgrenze beim Sex dramatisch erhöht und Menschen beim Sado-Maso sehr viel mehr aushalten als zu jeder anderen Zeit. Das heißt auch, dass Kopfschmerzen keine gute Entschuldigung sind, um keinen Sex zu haben – es könnte sogar helfen... Das Kleinhirn gibt auch Vollgas, was zu kleinen Muskelaktivierungen führt und diese kleinen Zuckungen, die Du vielleicht in Deinen Füßen spürst, wenn Du kurz vor dem Orgasmus bist, und die einzigartigen Gesichtsausdrücke währenddessen erklären.

Dann, bei dem Hauptereignis, dirigieren der Hypothalamus und der Nucleus accumbens die Teile des Orgasmus, die Dir bekannt vorkommen – diese rhythmischen Muskelkontraktionen tief unten. Die Kontraktionen sind nicht nur in der Vagina - sie finden im gesamten Becken statt: in den Muskeln des Uterus sowie in jedem einzelnen Beckenmuskel. Leider zählt dies nicht als besonders geeignetes Training – der Orgasmus selbst verbrennt nur etwa fünf Kalorien (obwohl ein energiegeladener Weg dorthin offensichtlich sehr viel mehr verbrennen kann).

Einige weitere Signale sausen vom Gehirn herunter und lassen Deine Pupillen erweitern, Deine Atmung schneller werden, Dein Herz rasen, die Brustwarzen empfindlicher werden und Deine Stimmbänder anspannen – was diese heisere Stimme nach dem Geschlechtsverkehr erklärt.

Das Gehirn ist dann mit Dopamin geflutet – was Dir dieses wahnsinnige Gefühl gibt und dem Belohnungssystem des Gehirns sagt, dass wir das mit dem Orgasmus wiederholen sollten. Es ist genau derselbe Mechanismus, der uns Schokolade genießen lässt und sogar der, wenn wir einen Bonus bei der Arbeit erhalten.

Der andere wichtige Neurotransmitter, der nach dem Orgasmus vom Gehirn freigesetzt wird, ist Oxytocin – das von der Hypophyse freigesetzt wird und uns ruhig und kuschelig werden lässt. Zusammen mit Prolaktin ist es einer der Hauptgründe, warum wir schläfrig werden, so dass ein guter Orgasmus zu einem guten Schlaf in der Nacht führen kann.


Dr. Adam Kay

Dr. Adam Kay erhielt seine Approbation als Arzt im Jahr 2004 und arbeitete seitdem ausschließlich in den Bereichen Geburtshilfe, Frauenheilkunde und sexuelle Gesundheit. Er ist der Autor des erfolgreichen medizinischen Lehrbuchs „Rapid Obstetrics and Gynaecology“ und schreibt über Gesundheitsfragen für Cosmopolitan UK. Er ist außerdem einer der gefragtesten Dramaturgen für Fernsehkomödien.

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